Marienlegende zur Gründung des Klosters Marienborn


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Die Marienlegende zur Gründung des Klosters Marienborn nach der Chronik
des M. Heinrich Meybaum, sen. aus:

"Chronicon des Jungfräulichen Closters Marien-Born in dem Magdeburgischen, von dessen ersten Anfängen bis auf 1580"


Magdeburg und Leipzig, Verlegt durch Christoph Seidel, 1720

 

Blick auf die Kirchturmspitze der
Klosterkirche Marienborn

 

Der Ort, an dem das Kloster steht, wurde früher, wegen der vielen Morde, die dort in den dichten Wäldern verübt wurden, Mordtal genannt. Das Dorf Morsleben, früher Mordschleben, dass dem Hause Bartensleben gehörte, hat seinen Namen ebenfalls daher bekommen und ist wahrscheinlich gegründet worden, um diese Taten etwas zu verhüten und abzuwenden. 1191, zur Zeit des Erzbischofs Wichmann (der 16. Erzbischof in Magdeburg) und unter der Regierung des Deutschen Kaisers Heinrich VI, wurde an dem Ort, an dem später das Kloster stand, mit dem Bau eines Hospital begonnen, indem sich mehrere Mönche niedergelassenen hatten, um den vorbeiziehenden armen Pilgern nach ihrem Vermögen zu helfen und zur Pflege der Kranken. In den alten Klosterakten findet man, dass die Gründung des Hospitals durch verschiedene Himmlische Offenbahrungen bewirkt wurde. Der Bericht lautet wie folgt:

Im schon erwähnten Jahr 1191 wohnte an diesem Ort ein frommer Hirte namens Conrad, der sein Vieh nach alter Gewohnheit im Mordtal weidetet. Dort sah er eines Tages eine Schar von Jungfrauen mit brennenden Fackeln in ihren Händen, die sich nacheinander vor einem Baum verneigten. Da er darüber nun sehr verwundert war und gern gewusst hätte, was diese Geschichte bedeutet, bat er Gott in einem Gebet, ihn dem Sinn zu enthüllen. Völlig im Gebet entrückt erfuhr er, dass an der Stätte, an welcher der Baum stand, ein Altar gebaut werden sollte, der bis an das Ende der Welt bestehen sollte. In einer weiteren Offenbarung wurde ihn mitgeteilt, was Gott mit diesen Ort vorhatte. Er sah im Traum die Jungfrau Maria, die auf Knien vor ihrem Sohn Jesu Christi gelegen hätte und darum bat, ihr zu Preis und Ehr den Ort Mordtal zu schenken. Darauf antwortete ihr Christus freundlich, er wolle ihr nicht nur den Ort schenken, sondern auch bis ans Ende der Welt dort neben ihr seine Wohnung haben.

Nach etlichen Tagen wurde der Hirte krank und als er merkte, dass er sterben sollte, hat er einen Priester zu sich gebeten und ihm gesagt, er könnte von dieser Welt  nicht mit friedlichen Herzen scheiden, wenn er nicht zuvor das Wunder, dass ihm von Gott offenbart worden war und  erzählte folgendes: Ich habe in den Wolken des Himmels ein Bild der heiligen Jungfrauen Maria gesehen, das in den Brunnen im Mordtal bis auf den Grund  gefallen ist und es haben zwei Engel des Herrn das wahre Kreuz über den Brunnen gehalten, so als wollten sie sagen: die Bedeutung dieser Vision ist, dass Christus mit seinem heiligen Kreuz, an dem er den bitteren Tod erlitten hat, neben seiner Mutter Maria an diesem Ort wohnen wollte. Damit aber dies alles von vielen geglaubt und durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen bestätigt und bekräftiget würde, ist anderen frommen Hirten dieselbe Vision erschienen.

 

Denn als sie an diesem Ort ihr Vieh hüteten und bei dem genannten Brunnen tränken wollten, ist das Vieh zurück getreten, als ob es sich weigerte und als unwürdig betrachtete, von diesem heiligen Wasser zu trinken, worauf  die Hirten mit großer Verwunderung fragten, was das für ein Wunder sei? Wir sehen, dass das Vieh durstig zum Brunnen geht, wenn es aber dorthin kommt, darf es das Wasser nicht genießen, das passiert doch nicht ohne Grund. Nach langer Unterredung gingen sie zu einem alten verständigen Mann, erzählten ihm umständlich, was sie gesehen hatten, und baten ihn, dass er ihnen erklären und darlegen soll, was diese Visionen bedeuten könnten. Der Alte gab ihnen zur Antwort:  Der Morgenstern, der diesen Brunnen bis auf den Grund erleuchtet und die Gnade Gottes macht, dass kein Vieh von diesem Wasser  trinken darf, so lange es sich im Brunnen befindet und darin bleiben wird. Die Menschen aber, die krank sind, werden, wenn sie dieses Wasser trinken,  wieder zu Gesundheit und Kräften kommen. Da aber an dem Brunnen täglich viele Wunder geschahen und der Hirte etlichen Priestern mitteilte, was er gesehen und gehört hatte, offenbarte, sind viele gläubige Personen, sowohl Priester als auch Laien,  aus der Nachbarschaft zusammen gekommen und haben das Marienbild mit Gesang aus dem Brunnen heraus geholt und an dem  Baum, dem die Jungfrauen Ehre erzeigten, niedergesetzt.

     

Marienstatuette aus dem
15. Jahrhundert

 

Es wurden auch Vieh, Geld und anderen Sachen geopfert und vermacht, dass kaum Platz auf dem Altar gefunden hatte. Nachdem diese Geschichte im Lande bekannt geworden war, haben viele Leute auf diesen Ort besucht, ihr verehrt und mit gaben reich beschenkt.

Dazu haben mehrere gläubige Jungfrauen sich an diesen Ort begeben, ihr Vermögen mitgebracht und ein Kloster gegründet, nach und nach eine kleine Kirche gebaut und sind die ersten Stifterinnen des Gotteshauses geworden. Zu diese Zeit ist der Erzbischof Wichmann an diesen Ortes gereist und als er die Anfänge dieses Klosters gesehen hatte, hat er diesem Kloster seinen Bischofsmantel und gleichzeitig  neun Hufen Land zum Unterhalt der Nonnen geschenkt. Zwei Grafen, mit Namen Milo und Woldemar, schenkten dem Gotteshaus über hundert Mark in Silber.

Des weiteren wird in alten Aufzeichnungen erwähnt, dass die Jungfrau Maria im Jahr 1208  einem heidnischen König erschienen seien soll, der damals an einer schweren Krankheit litt und bettlägerig war und ihn mit folgenden Worten anredete: Schläfst du? Worauf er antwortete: Wer stört mich? Maria aber sprach weiter: Ich bin die Mutter des ewigen Königs, ich bin gekommen um dich an Leib und Seele gesund zu machen, wenn du nach meinem Rat und Willen handelst. Ich bin zu dir gekommen, weil ich mir von meinem Sohn eine Stätte mit Namen Mordtal erbeten habe,  damit dort geistliche Jungfrauen mir und meinem Sohne zu Dienste sich aufhalten. Ich verlange ihretwegen von dir,  dass du dem Altar dieses Gotteshauses vollständiges Kirchengerät schenkst und du die Heilige Taufe empfängst, so wirst du selig werden.  Als der König die Heilige Jungfrau Maria gesehen und ihren Befehl vernommen hatte, soll er sofort das geforderte Kirchengerät in die Kirche im Mordtal durch seine Botschafter gesandt und geschenkt haben. Er wurde auch zur selben Zeit getauft und am Leib gesund und an der Seele selig.

So weit geht der herangezogene Bericht, der von denen Alten aufgezeichnet wurde und im Kloster Marienborn verwahrt worden ist.

 

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